Mami mit Kindern und Zeit für mich. Geht doch gar nicht, oder?

Die Zeit.

„Tempus fugit“, spricht der Römer. „Die Zeit flüchtet“. Und ist doch immer da. 

Wir haben so viel davon und dennoch jammern wir oft, dass sie hinten und vorne nicht reicht. Vielleicht mit leisen Tränchen und „Tempo“-Taschentuch. 

Familie und Partnerschaft, Beruf, Haushalt. 

Wo bleibt da bitteschön noch Zeit für mich selbst?

Und darf ich es mir als vierfache Mami überhaupt erlauben, mir Zeit für mich freizuscheffeln? Gibt es die überhaupt, wenn die Kinder klein, mittelklein oder mittelgroß sind,  oder ist das alles komplett utopisch für viele Jahre? 

Mal sehen. 

1. Babywohnhöhle

Der Schwangerschaftstest zeigt genau den richtigen Streifen an, ich bin überwältigt und schon geht’s los: Ich bin jetzt Mami! 

Und das für immer! Das „Für immer“ lasse ich mir so richtig auf der Zunge zergehen. 

Was für ein Gefühl! Was für ein  unbeschreibliches, superkalifragilistischexpialigetisches Gefühl, wie es Mary Poppins nennen würde. 

Die Monate bis zur Geburt verbringe ich in riesiger VORfreude, in VORbereitung und im VORwissen, dass ich jetzt besonders gut auf mich schaue, weil es danach mit dem Schlaf, Freundinnentreffen, gemütlichem Gequatsche, Hobbys usw. nicht mehr so vorhersehbar aussehen wird wie bisher. Also noch fest Zeit nehmen für mich. 

Gehabt ist gehabt“, wie wir in Südtirol gern sagen. 

Man weiß ja nie.

"2. Windel- und Schnullerzeit

Windelgerüche, Schmatzgeräusche, tapsige Schritte, „Uäh“, „Mama“, „Aua“ usw. 

Es ist wunderbar. 

Wunderbar, dass ein so winziges Wesen, das vor kurzem noch in meinem Bauch gewohnt hat, jetzt herausgekrabbelt ist, sich vertrauensvoll an mich schmiegt und mich so richtig genießt. 

Ich im unendlichen Himmel.

Und dass ich es – so unglaublich das ist – tatsächlich mit meinem Körper ernähren kann. 

Die Nächte, ja, die sind auch durch Unbeschreiblichkeit gekennzeichnet. Unbeschreibliche Schlafsehnsucht, die Augen wie mit Sekundenkleber zusammengeklebt und nur durch gewaltige mentale Stärke aufzukriegen.

Und bei jedem „Uäh“ ein unbeschreiblich lautloses Seufzen und der leise Wunsch, dass sich das lauter werdende Klagen verflüchtigen möge. Tut es aber nicht. Auch nicht, wenn das liebe Kind in dieser Nacht schon x-mal aufgewacht ist. 

Zeit für mich? Bei ganz winzigen Kleinkindern? Kann schwierig sein. Kann sogar manchmal für eine Zeitlang fast unmöglich erscheinen. 

Aber auch hier kann es winzige Zeitinseln für mich geben. Wenn jemand anbietet, das Baby oder die Kleinkinder mal zu übernehmen für einen Spaziergang, für einen kleinen Ausflug zum Spielplatz. Eine Stunde Zeit, einmal die Badewanne einlassen, einmal ein paar Seiten in einer Zeitschrift blättern. Oder zumindest 10 tiefe Atemzüge nehmen, auch wenn neben mir die Welt einzustürzen droht. 

Das Schwierigste daran? Um Hilfe bitten, mich nicht selbst zu vergessen. 

Aus dem Strudel rausrudern und mich täglich daran erinnern, dass AUCH ICH wichtig bin. Gleich wichtig wie der Rest der Familie. 

Notiz am Rande:

Es soll aber auch Babys geben, die von Geburt an durchschlafen, weder unter Zahnungsbeschwerden noch Blähungen leiden und deren Eltern ausnahmslos gechillte Nächte erleben. Und gechillte Tage.

Solche Erzählungen sind natürlich motivierend und helfen dabei, wieder die innere Mitte zu finden. 

Finde ich. 

Nicht. 

3. "Mami, kannst du ...?"

Ja, ich kann. 

Ich kann immer. Fast immer. 

Ich kann aufgeschürfte Knie versorgen, Hunger und Durst stillen, Faschingskostüme entwerfen und schneidern, Streithähne trennen, Taxi spielen, Kindergeburtstage als Eventmanagerin organisieren, zuhören und ermuntern, Schulzeugs erklären, kuscheln bis zum Umfallen, Tischtennis und Federball spielen, auf dem Trampolin Gas geben, Tränen trocknen, Sachen suchen und finden, schlechte Laune ertragen, lachen, blödeln, geduldig Tätowierdiskussionen führen (Piercing inklusive), singen, basteln, verrückt sein. 

Und ich kann auch anders. 

Ich kann nämlich auch müde sein. Unsäglich müde. Unsäglich zwar nicht oft, aber es kommt vor. Dass ich sogar zu müde zum Schlafen bin. Müde kommt öfters vor. 

Ich kann die Schnauze voll haben. Wenn ich 1001 Tag lang schon das Gleiche sage und manches davon ist noch immer nicht durch den Gehörgang unserer Kinder durchgeflutscht. 

Ich kann auch mal keine Lust haben. Nein, will ich nicht. Nein, jetzt nicht. Nein, lass mich jetzt mal. 

Ich kann so richtig schön explodieren. Vesuv lässt grüßen. Mit Magma, Fumarolen. Das volle Programm. 

Ich kann.

Und ich darf. 

Weil es menschlich ist.

Weil ich menschlich bin. 

4. Ich kann und ich will...

Ich brauche Zeit für mich. Ich-mit-mir-Zeit.

Zeit, in der ich innerlich zur Ruhe kommen kann.  

In der die Zeit stillzustehen scheint. 

FLOW. Es fließt. Ich fließe. Dem inneren Gleichgewicht entgegen. Mir selbst entgegen. 

Wie?

Mit Kopfsprung in ein Buch hineintauchen. 

Eine Tasse Tee oder einen Cappuccino genießen. 

Meine Lieblingsrunde im Wald gehen. 

Kochen und dabei summen. 

Mich weiterbilden und mich bereichern lassen. 

Neue Leute kennen lernen. 

Spontan schenken und jemandem eine Freude machen.

Schreiben. 

Und Bloggen.

Gitarre oder Klavier spielen.

Nähen.

Schnitzen und dabei die Bergwelt bestaunen. 

Mich auf einem Klettersteig voll konzentrieren. 

Yoga oder Pilates. 

Mich selbst durch eine Fantasiereise in eine andere Welt entführen. 

Oder:

Gar nichts tun. Einfach überhaupt nichts. 

Herumliegen. Herumsitzen. Herumstehen. 

Und in die Luft schauen. Atmen. 

Froh und mir selbst dankbar sein, dass ich mir diese Zeit nehme. 

Ohne schlechtes Gewissen nehme. 

Weil ich diesbezüglich unseren Kindern ein Vorbild sein will im Mich-selbst-ernst-Nehmen.


Weil ich es mir wert bin. 

Claudia (nein, nicht Schiffer) Burger


8 Antworten

  1. Es gab Tage, da könnte ich das Wort „Mamiiii!!!!!“ ab 18 Uhr nicht mehr hören… :-p
    Ich glaube, das kennst du auch!?
    Trotzdem lieben wir unsere Kinder über alles.

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