Was ist wahr?
Wer bestimmt, was wahr ist?
Ist Wahrheit für alle gleich oder individuell verschieden?
Wichtige Fragen.
Führen sie uns zur absoluten Wahrheit?
Und was hat eigentlich Wahrhaftigkeit mit der Wahrheit zu tun?
Wollen wir uns zusammen auf Schatzsuche begeben? Auf die Schatzsuche nach der Wahrheit?
Legen wir los!
„Lügen mögen den Sprint gewinnen – aber die Wahrheit gewinnt den Marathon.“
(Michael Jackson)
Wahrheit - woher kommst du?
Aletheia.
Göttin und Begriff. So einfach passierte im antiken Griechenland die Personifizierung wichtiger Begriffe bzw. Werte.
Aletheia. Tochter des Zeus. Göttin der Wahrheit.
Sprach Zeus immer die Wahrheit? Zeus, der Göttervater, berühmt für seine legendären Wutausbrüche inklusive Blitzschleuderfähigkeit, seine unersättliche Gier nach Frauen inklusive äußerst kreativer Verkleidungstechniken.
Hmmm, gute Frage. Von ihm wird die gute Aletheia ihre Liebe zur Wahrheit wohl kaum geerbt haben. Wer aber war ihre Mutter? Ich zumindest habe keine gefunden bei Mister Google.
Allerdings gibt es auch die Überlieferung, dass Prometheus sie aus Ton geformt hat. Also nix mit Gentechnik und Mendelschen Regeln, sondern völlig pur aus Naturmaterial.
Ursprünglich und nachhaltig, die Wahrheit.
Sehr gut! Gefällt mir besser, diese Variante.
Im Alten Rom hieß die Wahrheit dann Veritas und war auch eine Göttin.
Und wurde von den guten Römern auch gleich in ein Wein-Zitat eingebaut.
„In vino veritas“. Im Wein liegt die Wahrheit.
Abgesehen davon, dass im Wein viel Genuss liegt, bei übermäßigem Gegluckere aber auch jede Menge Blödsinn und sogar Leid hervorgerufen werden, ist es tatsächlich so, dass der Wein die Zunge lockert.
Ist das gut? Kommt dadurch wirklich Wahres zutage?
Fakt ist, dass dabei Hemmungen abgebaut werden, dass dabei oft Dinge gesagt werden, die …
Ja, du darfst selbst nachdenken, was die Folge ist und wie Wein in Bezug auf das Verkünden der Wahrheit bei dir persönlich wirkt. 😊
Übrigens, auch Kinder sind bekanntlich Wahrheitsverkünder. Und werden dafür von Erwachsenen gern getadelt, obwohl diese ihnen ständig vorpredigen, wie wichtig es doch ist, IMMER die WAHRHEIT zu sagen. Eigentlich fast witzig, dieser Widerspruch.
Das deutsche Wort „wahr“ geht auf die indogermanische Wurzel *wer“ zurück, die „Vertrauen, Treue und Zustimmung“ bedeutet. Hier wird die Wichtigkeit der sozialen Eingliederung und somit der Sippe deutlich. Allein bin ich nichts, schutzlos, ausgeliefert. Deshalb ist es wichtig, dass ich im Sinne der Gemeinschaft diese drei Werte lebe und „wahr“ bin.
Germanisch „wera“ und althhochdeutsch „wär“ beinhalten zusätzlich den Begriff „währen“ im Sinne von „andauern“ und „Bestand haben“.
In diesem Sinne also zurück zu meinem geliebten Latein:
„Veritas numquam perit“: Die Wahrheit vergeht nie.
„Ita est“. So ist es.
Amen.
Die nackte Wahrheit über die Wahrheit
Ist Nacktheit wahr? Ist Wahrheit nackt? Bleibt in der Nacktheit – bei der Geburt, im Tod, in Grenzsituationen – nur das, was wirklich da ist? Was wahr ist?
Zeigen wir uns dann so, wie wir wirklich sind? Wie wir handeln? Wie wir denken? Wie wir im Ursprung sind?
Aristoteles, ein griechischer Denker, meint: „Etwas ist wahr, wenn es mit der Welt in Einklang steht.“
Wenn es also passt zwischen dem, was uns umgibt, und dem, was in uns ist.
Stimmig, diese Definition.
Laut Mister Google ist Wahrheit die Übereinstimmung einer Aussage mit einer Tatsache. Also Kohärenz zwischen Wort und Tun. Aha.
„Ago, ergo (vera/verus) sum“
„Ich handle, also bin ich (wahr)“. Sagt Claudia Burger in Anlehnung an René Descartes‘ „Cogito, ergo sum“ (Ich denke, also bin ich.)
Wie viele Wahrheiten gibt es?
Laut Behaviorismus gibt es so viele Wahrheiten, wie es Köpfe gibt. Also ziemlich viele, extrem viele.
Puh!
Wer hat dann recht? Was ist wahr? Vielleicht gar nichts?
Ist diese „vielköpfige Wahrheit“ (Achtung, ich habe gerade wieder einen Begriff kreiert, zumindest hoffe ich das) im Sinne einer vielköpfigen Schlange wie der antiken Hydra gut oder doch irgendwie blöd?
Ist sie vielleicht sogar die Ursache für das ganze Schlamassel an Konflikten, Kriegen usw.?
Dass wir in unseren Köpfen selbst unsere eigene Wahrheit konstruieren und uns wundern, dass die anderen nicht checken wollen, dass genau unser Konstrukt sich so wahr, vollkommen und für die Ewigkeit bestimmt anfühlt.
Ich mache jetzt einfach mal einen Vorschlag:
Nehmen wir die behavioristische Theorie von der „vielköpfigen Wahrheit“ und lockern wir unseren Geist in Richtung Offenheit und Toleranz.
Vergleichbar mit Lessings „Ringparabel“ aus „Nathan der Weise“, wo ein dreifacher Vater einen kostbaren Ring besitzt, der seinem Träger Wahrhaftigkeit verleiht. Kleines Problem am Rande: Erbschaftsproblem. Unfair. Beleidigtsein und Rivalität sind vorprogrammiert.
Aber weil das jahrzehntelange Tragen des Ringes offensichtlich auch Auswirkungen auf die Intelligenz des liebenden Vaters hatte, lässt er zwei identische Ringe anfertigen. Welcher ist nun der echte? Grins und clever! Der, dessen Träger sich als würdig erweist.
Die Parabel will damit hinweisen auf die Diskussion um die wahre und echte Religion.
Wir zweckentfremden sie jetzt einfach mal: Welcher Kopf produziert die wahre Wahrheit?
Der Kopf, der sich durch Wahrhaftigkeit und Anstand ausweist?
Können wir uns darauf einigen?
Aber Achtung Strohkopf: „Wer Stroh im Kopf hat, fürchtet den Funken der Wahrheit.“ (Jupp Müller)
Da hilft dann nur mehr Goethes „Zauberlehrling“: „Walle, walle, manche Strecke, dass zum Zwecke Wasser fließe, das mit reichem, vollem Schwalle zu dem Bade sich ergieße“. Mit diesem Wasserschwall müsste es dann wohl auch möglich sein, sämtliche Strohköpfe zu löschen. Hoffen wir zumindest. Sollte das nicht funktionieren, flüchten wir uns eben in die Märchenwelt mit Zauberstäben und Hexentrunk. Oder wir machen aus Strohköpfen blühende Köpfe. Die denken und Wert legen auf Wahrheit.
Jetzt habe ich aber genug philosophiert. Oder doch nicht? Überkommt mich wieder die Lust auf Sprachspielereien?
„Wahre“ Sprachspiele über die Buchstaben W A H R & Co.
„Wahrscheinlich“ tritt etwas ein, was sich dann als wahr entpuppt. Aber tut es das nur zum Schein?
„Unwahrscheinlich“ hingegen entlastet schon von Beginn an, denn UN plus SCHEIN sieht ziemlich nach 0% Chance aus. Soll ich es trotzdem probieren? Bin ich ein Kampfgeist mit Durchhaltevermögen und hoher Frustrationstoleranz? Oder lasse ich es bleiben?
„Bewahren“ im Sinne von „aufbewahren“ bedeutet, dass ich etwas überliefere. Kann, muss aber nicht etwas Wertvolles und Aufbewahrenswertes sein. Ist es allerdings wahr? Weil es existiert? Beim Entrümpeln wäre dann also ENT-wahren angesagt. Aber ob ich das schaffe, etwas Wahres definitiv ins Nirvana ziehen zu lassen? Und was, wenn es dort weiter wahr sein will und irgendwann wieder auftaucht? Wie entwahre ich also vollständig und für die Ewigkeit? Inzwischen werde ich mal die Duden-Redaktion beauftragen, dieses so wichtige, gerade erfundene Wort in den deutschen Wortschatz aufzunehmen.
„Sich bewahrheiten“, also mit HEIT, ist aber natürlich etwas vollkommen anderes. HEIT klingt immer so fix, so unumstößlich. Scheint es auch zu sein. Es wird also zur Wahrheit. Die Frage ist nur, für wen es wahr ist und wer es als wahr definiert. Wenn es für alle gleich ist? Oder wenn es sich für mich als Individuum bewahrheitet und mich so zeigt, wie ich in meinem Innersten bin und auch sein möchte?
„Gewahr sein“ bedeutet für mich, dass ich mit allen Sinnen da bin, anwesend bin, aufmerksam bin. Und das Wahre und alles, was ist, erkenne.
„Wahrhaftig sein“, mein Lieblingswort in diesem Zusammenhang. Ich bin ICH, ich bin ehrlich, ich bin aufrichtig, ich bin authentisch. Und weil es mir wichtig ist, dieses „Wahrhaftsein“, schreibe ich jetzt noch ein paar Gedanken dazu.
Lust auf meine Gedankenspiele zu den Zahlen? Hier ist mein Blogartikel dazu.
Und hier einer über unseren liebenswerten und manchmal echt nervenden Schweinehund… 🙂
Von Wahrheit und Wahrhaftigkeit
Ich schreibe diesen Artikel gerade fertig und befinde mich auf unserer Alm auf 2000 Metern Höhe.
Vor mir mein Lieblingsberg, der Peitlerkofel, der mich an einen alten Mann erinnert, gestützt auf einen Stock. Dolomiten-Berg. Ein Traum.
Und der alte Mann spinnt meine Gedanken weiter zu einem weiteren alten Mann, meinem Opa Sepp, Josef Burger.
In Würde, Anstand und Wahrhaftigkeit gelebt und uralt geworden. 96.
Mein Vorbild. Schon immer und für immer.
Aufgewachsen ohne seine Familie auf einem fremden Hof, weil seine Eltern für ihn als siebtes und jüngstes Kind nicht genug zu essen hatten auf ihrem kleinen Bergbauernhof und ihn schon als Baby weggeben mussten. Seine Mutter dufte ihn einmal im Jahr besuchen kommen, sicher mit Tränen in den Augen nach einem Jahr voller Sehnsucht.
Eine arme Kindheit.
Und trotzdem war mein Opa sein gesamtes Leben über zufrieden, dankbar, bescheiden, weise und humorvoll. Nie wollte er jemanden ändern, nie gab es ein schlechtes Wort über jemanden, nie Neid, nie Boshaftigkeit.
Immer aufrecht, immer aufrichtig.
Immer authentisch.
Immer zielgerade an seinen Werten orientiert.
Das bedeutet für mich Wahrheit leben, das bedeutet für mich Wahrhaftigkeit.
Danke, Opa, dass du mein menschlicher Peitlerkofel bist. Unverrückbar und ewig wahr.
8 Antworten
Liebe Claudia,
das ist ein Hammer-Artikel! So vielfältig, humorvoll und wahrhaftig. Du hast mich sehr inspiriert, und ich liebe Deinen Opa Sepp!!!
Ganz herzliche Grüße aus Berlin, Elena
Danke, liebe Elena!
Das Schreiben hat mich zum Nachdenken gebracht. Und es hat mir viel Freude gemacht.
…W Werte
…A Anstand
…H Hundertprozentig
…R Realistisch
Sehr lebhaft geschrieben Claudia.
Bringt mich zum grübeln und schmunzeln.
Es ist manchmal mühsam mitten im Marathon zu stecken aber im Ziel ist es dann sehr belohnen.
Danke fürs Feedback, Simone! Und für dein Akrostichon WAHR… immer wieder cool, was dir da einfällt.
Liebe Claudia, wahrlich ein spannender und tiefsinniger Gedankenrodeo, dein Artikel! Bin schon auf deinen nächsten gespannt… Bewahre dir deine humorvolle, geistreiche und funkensprühende Art des Schreibens und Reflektierens! Liebe Grüße, Georg
Freut mich, dass dir mein Artikel gefällt! Und danke für ein paar Ideen zu den Wortspielereien…
Liebe Claudia,
echt genial wie immer….
Danke, Lara!