Soll mein Kind in den Sommerferien lernen?

Zeugnisvergabe.

Ferienbeginn.

Aufatmen in vielen Familien. Im Falle einer Nichtversetzung oder Aufholprüfung vielleicht nicht.

Im Normalfall einige Zeit keinen Gedanken verschwenden an Hausaufgaben, Noten, keine täglichen Diskussionen.

Soll mein Kind aber im Sommer lernen oder nicht?

Hausaufgabenlose Ferien bis zum letzten Ferientag? Oder lieber vorher schon ein bisschen üben und wiederholen, eventuell gemeinsam?

P.S. Mit Kindern meine ich auch jugendliche Kinder

Kleiner Exkurs: Wie lange dauern die Sommerferien eigentlich in den verschiedenen Ländern weltweit?

Bei uns in Südtirol dauern die Sommerferien wie in einigen anderen Südländern ziemlich lange, nämlich von Mitte Juni bis Anfang September.

Sofern nicht die Mittelschulprüfung oder die Matura, wie wir das Abitur nennen, hinzukommt.

In Deutschland hingegen sind es sechs bis sieben Wochen und das interessanterweise nicht überall zur gleichen Zeit.

Auch in Amerika gibt es diesbezüglich Unterschiede, sogar in der Dauer. Und in China haben Schülerinnen und Schüler sogar nur zweimal im Jahr Ferien. Ganz schön wenig!

Was spricht gegen das Lernen in den Sommerferien?

Es ist wichtig, dass Kinder, Jugendliche und auch Studierende eine ganz und gar schulfreie Zeit genießen können, um sich erholen und danach mit frischem Schwung, neuer Motivation und ein bisschen Abstand wieder starten zu können.

Ich persönlich denke, dass das mindestens 4-6 Wochen sein sollten, in denen möglichst nicht über die Schule, mögliche Hausaufgaben, Aufholprüfungen usw. geredet wird.

Frei ist frei.

Besonders für die Schülerinnen und Schüler, die sich eh schon das ganze Schuljahr über sehr bemüht und abgestrampelt haben.

Das erfordert von uns Eltern manchmal ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Still sein. Die Schule Schule sein lassen. Und den Kindern nicht die Freude an der Schule vermasseln

Allerdings kann das Lernen und Wiederholen in den Sommerwochen spielerisch und ganz nebenbei passieren. Wie? Dazu gebe ich gleich einige Impulse.

Das Prinzip der Wiederholung

Die Wiederholung ist ein Grundprinzip des Lernens, auch bei Tieren.

Ohne geht gar nichts.

Sie dient also der Übung und der Vertiefung von Inhalten und Kenntnissen. Um sicherer zu werden und schneller.

Zu vergleichen mit dem Autofahren: Anfangs ist es mühsam und mit viel Nachdenken über die einzelnen Vorgänge verbunden, danach läuft es. Meist automatisch.

Genau so kann man die Vergessenskurve austricksen

Was können Kinder und Jugendliche in den Sommerferien lernen und wiederholen?

Für Grundschüler erachte ich es als sehr sinnvoll, das Einmaleins und das Kopfrechnen generell zu üben, z.B. durch gegenseitiges Abfragen auf dem Trampolin oder im Zug, während des Sandburgbauens…

Und das Schreiben, besonders die Schreibschrift, durch das Abschreiben der Einkaufsliste, der eigenen Lieblingswitze usw. 

In der Klasse unserer sechsjährigen Tochter ist gerade das Tagebuchschreiben populär, bevorzugt in linierten Notizheften mit Fell und Ohren. Echt, kein Witz!

Und zwischendurch einmal einen Erlebnisaufsatz, eine Fantasiegeschichte oder eine kurze Inhaltsangabe  zu einem Film oder Buch. Schreibanlässe gibt es auch im Sommer jede Menge. 

Warum nicht den besten Freundinnen und Freunden eine Postkarte schreiben?

Ein paar Rechtschreib- und Mathematikübungen helfen, nicht gänzlich aus der Übung zu kommen.

Toll finde ich persönlich die LURS-App der Legakids-Stiftung mit einem spannenden Abenteuer, wo spielerisch die Rechtschreibung trainiert werden kann, besonders bei Lese-Rechtschreibschwäche LRS (LURS ist ein Monster und nach der „Lese-und-Rechtschreib-Schwäche“ LURS benannt). 

Älteren Kindern und Jugendlichen rate ich, in den letzten Schulwochen einige Übungen aus den Schulheften und Schulbüchern nochmals zu machen, ev. auch Online-Übungen auf diversen Lernplattformen, z.B. der Anton-App oder Scoyo.

Sehr empfehlenswert ist aus meiner Sicht die „Durchstarten“-Reihe des Veritas-Verlags, besonders die Übungshefte, die um die 10€ kosten und bereits das Lösungsheft für eigenständiges Arbeiten enthalten. Z.B. für Mathematik, Italienisch, Englisch, Deutsch und auch für Latein. Gibt es für verschiedene Schulstufen.

Wann und wo am besten lernen?

Am besten geeignet sind für das Lernen, Üben und Wiederholen sicherlich die (relativ) frühen Morgenstunden und der Abend, wenn es nicht so heiß ist. Helfen kann vielleicht eine fixe, kurze Lernzeit, manche mögen es lieber lockerer.

Gegen die Hitze hilft auch ein kühles Fußbad unter dem Tisch oder auf der Terrasse und natürlich sollte immer eine Wasserflasche bereitstehen (zum Trinken, nicht zum Ansehen!).

 

Als Lernorte bieten sich der Wald, die Hängematte, ein schattiges Plätzchen im Garten, aber auch das oben genannte Trampolin oder ein ruhiger Raum im Haus an. Ganz flexibel.

Ich selbst habe sogar auf einem Katamaran während einer Balearen-Umrundung gelernt und recherchiert, als ich mich vor vielen Jahren auf den Wettbewerb für die Stammrolle vorbereitet habe.

Auch Vokabelkärtchen zum Vokabellernen waren für viele Jahre meine ständigen Begleiter in der Handtasche, sogar im Schwimmbad und an den unglaublichsten Orten.

Wie kann mein Grund- und Mittelschulkind in den Sommerferien lernen?

Zunächst spielerisch mit etwas Leichtem starten, damit der innere Schweinehund nicht gleich auf stur schaltet und das Lernen blockiert. Am besten mit der 10-Minuten-Regel, einem meiner Lieblingstipps. 

Dann das Pensum schrittweise in kleinen und machbaren Portionen steigern.

Für Grund- und Mittelschüler reichen in der Regel 15-20 Minuten täglich ab der Ferienmitte. Das Wochenende würde ich frei halten. 

 

Spielerisch und abwechslungsreich lernen und alle Sinne einbeziehen. Auch durch verschiedene neue Hobbys, Sportarten, Musizieren oder durch eine Übernachtung im Zelt können in vielfacher Hinsicht die verschiedensten Kompetenzen trainieren und Kenntnisse vertiefen.  

Und für die Oberschule? Und als Vorbereitung auf die Nachprüfung?

Für Jugendliche der Oberschule, die keine Nachprüfung haben, sind 15-20 Minuten mehrmals pro Woche eigentlich auch ok, sofern nicht das Handy als Plapperpapagei daneben sitzt. 

Bei der Vorbereitung auf die Nachprüfung bewährt sich aus meiner Erfahrung als Lerncoach und Lehrerin ein Lernplan. Mit Stoffübersicht, Lerndauer, Lernzeit und den einzelnen Lernportionen zum Durchstarten. Gut für Struktur und Motivation. 

Außerdem kann eine professionelle Lernbegleitung in Form eines Lerncoachings eine riesige Hilfe sein, wo gezielt an Prüfungsblockaden, Konzentrationsschwierigkeiten, an der Lernorganisation, der Zeiteinteilung, an der Steigerung der Gedächtnisleistung und weiteren Lernthemen gearbeitet wird, ev. auch parallel zur Prüfungsvorbereitung. Wie es abläuft, erfährst du hier.

Vom Wert des Spielens...

Ja, Spielen ist immens wichtig. Eigentlich für uns alle, für jedes Geschlecht und jede Altersgruppe, nicht nur für Kinder. 

Das wusste schon Mozart, der seine außergewöhnliche Kreativität auch dadurch zum Sprudeln brachte, dass er jeden Nachmittag mit seiner Schwester stundenlang Spiele spielte. 

Dabei ist es völlig egal, ob wir nur einen einfachen Würfel im Wanderrucksack haben und Paschen. Dabei werden alle gewürfelten Zahlen addiert, bis man die Runde von sich aus beendet bzw. eine Eins alle bisherigen Punkte annulliert. In der nächsten Runde wird dann wieder dazugezählt. Macht viel Spaß, fördert das schnelle Kopfrechnen und funktioniert auch umgekehrt, indem man von 100 subtrahiert. 

Oder wie cool ist es, am Abend beim Lagerfeuer „Werwölfe“ zu spielen? Ich habe sogar vor einigen Jahren mit unseren Kindern und ihren Freunden öfters im Keller mit Stirnlampe gespielt, unvergesslich. 

Oder schnell eine Runde „Dobble“ vor dem Schlafengehen, das wunderbar die Konzentration und Reaktionsfähigkeit trainiert. 

Oder „Catan„, „Rummikub“ und „Activity“ oder die vielen anderen Brettspiele oder ganz einfach eine Runde „Watten“ oder „Maumau„. 

Die Spielzeiten auf der Alm, auch mit unserer spielbegeisterten Oma, zählen zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen.

 

Was sonst noch außerordentlich wichtig ist?

Auch wenn bei weitem nicht alle Kinder und Jugendlichen davon begeistert sind:

Lesen

Lesen.

Lesen.

Gemeinsam. Allein. Abwechselnd.

Egal.

Auch wenn es nur fünf Minuten sind. Oder zehn. Oder eine gemeinsame kurze Lesezeit als Ritual.

Hauptsache eintauchen in ein Buch, eine Zeitschrift, einen Comic, die Schilder am Straßenrand, die Untertitel eines Films und ganz entspannt nebenbei Sprache trainieren in allen Facetten, den Wissenshorizont erweitern und Spaß haben. Oft bieten Bibliotheken im Sommer spannende Challenges an, die als besonderen Anreiz sogar mit einem Lesefest im Herbst oder tollen Preisen winken. Heuer ist es bei uns beispielsweise wieder das beliebte „Biblio-Bingo“, wo es witzige Kategorien zum Ausleihen gibt (z.B. ein Buch in einer bestimmten Farbe). 

Auch ein Mix aus Lesen und Hörbuch-Passagen kann durchaus animierend wirken. 

Übrigens, einen Blogartikel über praktische Tipps, mit denen das Lesen in der Familie richtig Spaß macht, steht auf meiner To-blog-Liste.

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