Es steht vor dir.
Dein Kind. Mit großen Augen.
Zum ersten Mal als Schulkind mit Schultasche. An seinem allerersten Schultag.
Der vielleicht schon seit Monaten herbeigesehnt wurde.
Oder der ihm ein klitzekleines Bisschen Angst macht. Oder beides.
Was geht dir durch den Kopf? Dir als Mami? Dir als Papi?
Wehmut?
Sorgen, ob es klappt? Klappt mit der Schule?
Freude?
Erinnerst du dich an deinen ersten Schultag?
Sicher ist:
Der 1. Schultag bedeutet für uns als Eltern: begleiten und gleichzeitig wieder ein Stückchen weit loslassen.
Der erste Schultag deines Schulkindes, ein wunderbarer, ein spannender Tag.
Schulfähigkeit...
Ist es schulfähig, schulbereit, dein Kind? Früher sprach man diesbezüglich von Schulreife.
Oder machst du dir Sorgen, weil es im Gegensatz zu einigen anderen Kindern in seinem Alter nicht schon seit einem Jahr liebend gern Buchstaben schreibt, ewig lange Gedichte auswendig aufsagt oder sogar schon lesen kann? Weil die Schreiblust schon mit dem eigenen Namen endet?
Brauchst du nicht.
Die Schulfähigeit setzt sich aus vielen Faktoren zusammen.
Der Fähigkeit zu lernen. Der Fähigkeit, das Gelernte auch anzuwenden. Und der Lust, das auch zu tun.
Sich zu konzentrieren. Und aus anderen Aspekten.
Achtung: Eine Konzentrationsfähigkeit von 10-15 Minuten in diesem Alter ist ganz normal.
Du denkst, dein Kind schafft das nicht?
Bist du dir sicher?
Überleg mal, in wie vielen Situationen ihm das sehr wohl schon gelingt. Beim Legospielen? Wenn es dir beim Wäscheaufhängen hilft? Oder Perlen auffädelt? Konzentration pur.
Auch die phonologische Fähigkeit, einzelne Laute voneinander unterscheiden zu können, ist wichtig. Und eine Reihe anderer.
Mach dir also keine Sorgen, sondern lass dich im Zweifelsfall beraten von den pädagogischen Fachkräften im Kindergarten oder der Kinderärztin.
Oder wie es eine unserer Lehrerinnen hier bei uns formulierte: „Aus meiner Erfahrung ist noch nie ein Kind zu spät eingeschult“.
Ein zusätzliches Jahr Spielen kann oft hilfreich sein und viel Druck rausnehmen. Nicht schlimm, sondern manchmal ein Segen.
Was können wir als Eltern tun, um unserem Kind an seinem 1. Schultag einen guten Lernstart zu ermöglichen?
Das Wichtigste ist wohl, unserem Kind einen riesigen Vorschuss an Vertrauen, Zuversicht und Stolz zu schenken. Sein sicherer Hafen sein und bleiben unabhängig von dem, was in der Schule und im Außen passiert.
Seine Bedürfnisse und auch Sorgen ernst zu nehmen und ihm gegebenenfalls Trost zu spenden.
Wenn beispielsweise das Abschiednehmen so schwerfällt, dass die Tränen fließen. Und das nicht nur am 2. Schultag, sondern noch an manchen anderen.
Den Vertrauensvorschuss können übrigens ebenso die Lehrpersonen brauchen – und ich bin auch eine von ihnen. Weil sie sich in den meisten Fällen mit viel Herzblut für unsere Kinder einsetzen.
Ich weiß, jetzt werden einige denken: Aber ich hatte da Herrn x oder wenn ich da an Frau y denke, wie gemein die waren…
Lassen wir es nicht zu, dass negative Erfahrungen aus unserer eigenen Schulbiographie die Vorfreude auf die Schule bei unseren Kindern trüben. Reißverschluss am Mund zu! Fokus auf das Schöne und Wertvolle, das wir lernen und erleben durften.
Und wenn es Fragen, Befürchtungen oder Unstimmigkeiten gibt, dann am besten immer direkt mit der Lehrperson klären, ohne unser Schulkind damit zu konfrontieren. Das erspart viele Missverständnisse und zwingt das Kind nicht in einen Loyalitätskonflikt.
Was dürfen wir noch tun?
Die Ich-Kompetenz unserer Kinder stärken, indem wir ihnen auf Augenhöhe begegnen mit gegenseitigem Respekt, sie immer wieder im Kleinen eigenverantwortlich Entscheidungen treffen lassen. Indem wir ihnen etwas zutrauen, ihnen ein Vorbild sind im Umgang mit Konflikten und Frustrationen und v.a. indem wir mit ihnen lachen, Zungenbrecher ausprobieren, viel singen und vorlesen und ihnen mit Liebe und Geduld zuhören.
Nota bene: Wir dürfen ihnen auch ruhig zeigen, dass wir selbst nicht den Anspruch erheben, perfekt zu sein, dass wir Fehler machen, einmal keinen Bock haben oder einfach gerade total erschöpft sind. Menschlich eben.
Konkrete Tipps für den 1. Schultag
- den Schulweg üben, vielleicht mit einem Geschwisterkind
- gemeinsam die Schulmaterialien besorgen
- einen Lernduft aussuchen, dieses Duftöl mit besonders schönen Momenten koppeln und dann immer wieder an Schultagen verwenden als Anker
- ein Konzentrations- oder Stärketier für das Federmäppchen aussuchen oder einen Mut-Stein bemalen
- beim Gärtner eine Pflanze zum Schulbeginn aussuchen und diese beim Wachsen begleiten
- Bücher zu den Themen Schulstart, Selbstwertgefühl, Mut, Potentialentfaltung usw. vorlesen, z.B. „Vielleicht“ (Kobi Yamada, traumhaft schön), „Monsta“ (Dita Zipfel, sehr witzige Geschichte über ein arbeitsloses Gruselmonster, gut für Mut), „Liebe“ bei Abschiedsschmerz, „Wilma Wolkenkopf“ (Saskia Niezchiel, tolles Buch) und und für uns Eltern „Hallo Schulanfang!: Den Übergang vom Kindergarten in die Schule beziehungsorientiert begleiten“ (Saskia Niechziel)
- am Morgen ganz viel kuscheln und „Liebe tanken“, wie ich es immer nenne
- dem eigenen Schulkind zum 1. Schultag einen Liebesbrief auf ein Foto von ihm mit Schultasche schreiben, z.B. „Ich bin so stolz auf dich. Ich bin immer für dich da. Ich liebe dich.“K
Also...
Für uns alle gilt – nicht nur für uns als Eltern:
Schluss mit:
„Jetzt fängt der Ernst des Lebens an!“
„Jetzt weht ein anderer Wind!“
„Jetzt freust du dich noch auf die Schule, aber bald…“
Auch nicht, wenn wir denken, sie hören uns nicht zu. Sie hören alles!
Sondern:
„Super, du kommst in die Schule! Das wird spannend! Das wird richtig, richtig cool!
Ich freue mich so mit dir!“
"Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen." Astrid Lindgren
Weitere Blogartikel zum Thema Lernen...
Ein leckerer Tipp für Konzentration, null Bock und für Wutausbrüche bei Groß und Klein: hier
Selbstwertgefühl stärken: hier
Gedächtnis: hier
Als Eltern nicht nerven und die Freude am Lernen vermasseln: hier
Wenn Herr Bleistift einfach nicht schreiben will…: hier
Einer meiner liebsten Tricks für Konzentration, Motivation und Durchhaltevermögen (ein bisschen wie Tipp 1, s.o.): hier